#111 – Arbeit oder Kommunikation?
Vormittags ein Livemeeting danach eine Telefonkonferenz danach danach. Muss wohl eine wichtige Person sein? In den letzten Jahren ist der Anteil der Kommunikation am Tagesgeschäft explodiert. Das geht einher mit den gestiegene Zahlen von Burnout, Stress und Überforderung.
Schauen wir uns einmal die nackten Tatsachen an. Wir Menschen verbringen am Tag eine unterschiedliche Zeit mit Arbeit. Nehmen wir mal einen klassischen Bürotag von 9 – 5, dann sind das 8 Stunden.
Jeder von uns hat eine Aufgabe, für die er sein Gehalt bekommt. Dafür hat man uns engagiert. Jetzt ist klar, dass man nicht 8 h am Tag nur an dieser Arbeit arbeiten kann. Um diese Aufgabe zu erledigen sind immer sogenannte Support Aufgaben zu erledigen. Aufgaben welche nicht direkt etwas mit der Zielaufgabe zu tun haben, die aber notwendig sind um die nötigen Informationen zu bekommen und die notwendigen Absprachen zu treffen. In der Pre-Mail Ära genügten hierzu ca. 30 min am Tag. Man hat sich mit den Menschen abgesprochen und kommuniziert. Das ging oft nebenbei beim Kaffee oder Mittagessen.
Kommunikation findet immer ganzheitlich statt. Nach einer Studie von Albert Mehrabian kommt es bei Kommunikation auf folgendes an: 55% die Ausstrahlung des Redners, 38% die Stimme und nur 7% Sprachinhalt.. Heute kommunizieren wir aber über Sprache und Text. Wir schreiben Mails und Chatten.
Was bedeutet das:
Wir Menschen haben in unserem Kopf zwei Regelkreise.

Den Automatikregelkreis und den Motivationsregelkreis. Alle Eingangssignale gelangen zuerst in den Automatikregelkreis. Hierbei wird eine Datenmenge von ca. 50 MBit/s verarbeitet. Der Automatikregelkreis unterstützt uns mit Gefühlen bei unseren Entscheidungen. (Oxytocin, Serotonin, Adrenalin, Dopamin)
Der Motivationsregelkreis kann analysieren und Fragen stellen. Hierzu verwendet er als Basis eine Wirklichkeit die unser Gehirn konstruiert. Diese Wirklichkeit wird über Daten gebildet welche erst durch einen Wahrnehmungsfilter gehen. Gerade mal 100 Bit/s werden dazu verwendet. Das ist relativ wenig für die Realität außerhalb von uns. Deshalb helfen uns Gefühle ganz entscheidend bei unserer Wirklichkeit. Schließlich wird diese Gefühlswelt aus vielen Signalen und noch mehr Erfahrungen gebildet.
Wenn wir mit Gefühlen die Realität betrachten, findet ein brauchbarer Abgleich unserer konstruierten Wirklichkeit mit der tatsächlichen Realität statt. Deshalb ist Nähe zu Menschen so entscheidend. Deshalb findet ein Großteil der Informationen nonverbal seinen Weg. Weil dein Automatikregelkreis und mein Automatikregelkreis sich verstehen.
Wenn wir uns voneinander entfernen, bleibt als Bewertung nur noch das geschriebene Wort. Sprache, welche direkt zum Motivationsregelkreis geht. Da kommen nur wenig Signale an, diese werden nicht bewertet und es gibt keine nonverbale Rückmeldung.
65% der Menschen sind bereit den Tod eines anderen Menschen in Kauf zu nehmen, wenn man den Menschen nicht sieht und Anordnungen befolgt werden sollen. Anordnungen wie: Wir müssen Kosten sparen, wir müssen wachsen, wir müssen optimieren usw.
Je weiter die Entfernung von den Menschen umso mehr driftet die konstruierte Wirklichkeit von der Realität ab. Die Wirklichkeit passt nicht mehr zur Realität. Menschen bei denen dies der Fall ist, bezeichnen wir normalerweise als krank bzw. Psychisch gestört.
Kommen wir nochmal zurück zu den 7% der Kommunikation die über die Sprache stattfindet. Wenn die Nähe und die Gefühle fehlen, dann wird die Konstruktion der Wirklichkeit ebenfalls schwierig. Aus 140 Zeichen eine Realität zu konstruieren ist unmöglich.
Noch immer gibt es ein paar Unverbesserliche die glauben, mit modernen Kommunikationsmitteln könnte man die Menschen führen und ein Unternehmen leiten. Man kann Nachrichten verschicken, aber man erreicht nicht die Herzen der Menschen, man verliert ihr Vertrauen und ihre Motivation.
Eine e-Mail ist sehr leicht geschrieben und verschickt. Ich habe die Macht um vielen Menschen etwas mitzuteilen. Was die Empfänger daraus machen, ist leider oft Zufall. Die Reaktionen sagen oft mehr über den Gefühlszustand des Empfängers als zum tatsächlichen Thema.
Vorgesetzte hetzen von einem Live Meeting zum nächsten. Rundmails beschäftigen die Server und über Social Chat werden Banalitäten ausgetauscht. Früher haben wir gearbeitet, heute wird kommuniziert.
Was haben Vorgesetzte eigentlich getan bevor es diese Tools gab und wer macht diese Tätigkeiten heute?
Fortsetzung folgt – Dranbleiben es gibt noch Hoffnung.