#170 – Warum Organisationen nur mit Menschen funktionieren
“Schicken Sie Ihre Anfrage doch einfach an die Abteilung Alpha Determini.”
Das habe ich gemacht, per Formular und zusätzlich per Mail. Was kam heraus? Entweder jede Menge Rückfragen oder überhaupt keine Antwort. Wochenlang keine Antwort, niemand der erreichbar ist.
Meistens ändert sich während eines Jahres der Ansprechpartner oder zumindest der Abteilungsnamen. Man schickt seine Fragen also immer an die falsche Adresse.
“Haben sie nicht im Livemeeting am 25.3. mitbekommen, was sie mit solchen Anfragen machen müssen?“
Am 25.3. war ich bei einem Kunden, was irgendwie dazu geführt hat, dass er für 50.000€ Waren bestellt hat?
Ich warte auf die Zeit, bis mir jemand so eine falsche Handlungsweise vorwirft? Dann wird das Livemeeting zur Pflicht und der Kunde wird Nebensache. Die Prozesse haben die Macht übernommen und niemand kann etwas dagegen tun. “Wir sind zwar auch gegen diese Vorgehensweise, aber wir können nichts dagegen tun.“ Über alle Hierarchien immer dieselbe Antwort.
Warum ist das so? Wer kann denn etwas dagegen tun? Ist das System inzwischen allmächtig?
Menschen organisieren sich in Firmen um eine Lösung für ein Problem oder einen Service anzubieten.
Da Firmen aus Menschen bestehen, ist eine Firma immer auch ein Abbild des Menschen. In jeder Firma gibt (gab) es Prozesse und Aufgaben die funktionieren (funktionierten) automatisch. Niemand muss von außen eingreifen, alle Mitarbeiter wissen genau, was zu tun ist. Wie bei uns Menschen haben die Mitarbeiter diese Handlungsweise erlernt und können Sie automatisiert.
Kommt es in dieser Ebene zu einer Ausnahmesituation, dann geht eine Botschaft an das Management.
Das Management, oder besser die Führung, stellt praktisch den Motivationsregelkreis der Organisation dar. Ähnlich uns Menschen bekommen auch diese Menschen nur Bruchteile der Realität mit und alle Informationen werden auch noch gefiltert. Ähnlich eines Menschen wird aus diesen Informationen die Wirklichkeit des Unternehmens gemacht. Auch hier weicht die Realität von der Wirklichkeit ab. Ist die Differenz zu groß kann dass schlimm enden.
Jede Firma hat ihre eigene Sicht, ihre eigene Wirklichkeit.
Durch die Optimierung der letzten Jahre hat man den Automatikregelkreis der Firmen ausgedünnt und durch Prozesse, Workflows und Regeln ersetzt. Man hat versucht Reaktion durch Vorgabe zu ersetzen.
Wenn Problem A auftaucht, dann bitte mit Formular 47 an Auftragsteam 11 schicken.
Regeln für Idioten. Boolsche Algebra für intelligente Wesen. Solange das Problem Problem A ist, passt die Regel. Was ist wenn Problem A+ auftaucht? Mutationen und Veränderungen sind im realen Leben ja an der Tagesordnung. Dann wird nach oben delegiert. Also in den Motivationsregelkreis. Dieser Kanal ist aber sehr begrenzt. Dort sitzt in der Regel jemand, der den operativen Prozess gar nicht kennt und überfordert ist. Es entsteht eine Warteschlange im Motivationsregelkreis und eine noch größere im Automatikregelkreis.
Das Thema Warteschlange habe ich ja bereits in Artikel 163 ausführlich erklärt.
Ab diesem Moment ist es im Unternehmen vorbei mit Automatik. Alle blockieren sich gegenseitig und der Kunde hat das Problem. Ich erlebe das bei meinem Telefonanbieter, bei meinem Kabelanbieter und im geschäftlichen Umfeld. Nur noch Prozesse und Zufriedenheitsabfragen. Der Case wird geschlossen, obwohl niemand mein Problem behoben hat! Dafür kommt die Zufriedenheitabfrage vom System nur Sekunden nach schließen des Case.
Der Kunde wird zum Idioten degradiert und von Idioten gemanaged. Die Bearbeiter sind an die Prozesse gebunden und haben ihren Kopf für die Mütze im Winter. Eigeninitiative ? Ist im System nicht vorgesehen oder kann aufgrund der Warteschlangenproblematik nicht mehr erbracht werden.
Wer sein Unternehmen heute an feste Prozesse und Regeln anlehnt, bekommt einen Apparat, der schon morgen nicht mehr funktioniert. Die Welt um uns herum ändert sich gerade in rasend schnellem Tempo. Amazon liefert in einigen Städten jetzt innerhalb von 2 Stunden. Wenn mir heute jemand bei einer Bestellung erklärt, dass die Bestellung zwei Wochen dauert, dann habe ich ernsthafte Zweifel an der Organisation dieser Firma. Wer einen mir zugesagten Liefertermin nicht einhält, verspielt sein Vertrauen! Digitalisierung ist das Schlagwort.
Das operative Geschäft muss automatisiert ablaufen, damit sich das Management der Zukunft widmen kann. Damit es automatisiert ablaufen kann, müssen qualifizierte Menschen eingestellt werden, die natürlich im Rahmen festgelegter „Leitplanken“, das Auto alleine lenken können. Um Entscheidungen zu fällen brauchen Menschen Freiräume.
Dazu ist im Automatikregelkreis unbedingt die Warteschlangenformel zu beachten.
Der Unterschied zwischen Start-Ups und etablierten Unternehmen liegt in der Auswahl der Prioritäten.
Start-Ups suchen die richtigen Menschen für die richtige Postion. (Damit der Automatikregelkreis im Unternehmen funktioniert)
Etablierte Unternehmen suchen immer die billigsten Menschen für eine Position. Da dies seit Jahrhunderten zu Problemen führt, gibt es seit Jahrhunderten sogenannte Controller, welche die Arbeit der Menschen überwachen. Hast Du schon einmal ein Start-Up gesehen, dass mit einem Controller groß raus gekommen ist?
Keine Automatik keine Zufriedenheit.
Dranbleiben – es gibt noch Hoffnung
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