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#172 – Früher war alles besser! Wie uns die Erinnerung täuscht.

Je älter der Kreis der Freunde, umso häufiger hört man die Aussage “Früher war alles besser”

Stimmt das oder warum wird diese Aussage seit Jahrhunderten immer wieder erneut ausgesprochen?

Unser Gehirn speichert die Dinge die passieren ab. Im Gegensatz zu einem Computer handelt es dabei nicht um einen Screenshot sondern die Aktivitäten im Gehirn, die Struktur wird verändert und abgespeichert. Die Information wird dreidimensional in den Verknüpfungen unseres Gehirnes gespeichert.

Unser Gehirn ist somit in jedem Moment in Veränderung. Verbindungen werden neu geknüpft , verstärkt oder ganz abgebaut. Im Laufe der Zeit verlieren wir die genaue Erinnerung an die Ereignisse die passiert sind.

Ereignisse bei denen wir emotional stark berührt waren, werden immer nachhaltiger in unserem Kopf gespeichert. Wer in seinem Leben wenig Emotionales erlebt, läuft somit Gefahr, sich nur an wenige Ereignisse zu erinnern. Wenn jeder Tag sich gleicht, keine Emotionen uns berühren, dann wissen wir oft am Abend nicht, was wir den Tag über erlebt haben.

Diese Emotionen können natürlich sowohl positive als auch negative Emotionen sein. In beiden Fällen führt dies zu einer besseren Erinnerung.

Unsere Erinnerung ist aber nicht fehlerfrei. Im Laufe der Jahre treten durch das Vergessen Lücken auf oder die Dinge werden verändert.

Im Gespräch mit Menschen die alte Situationen miterlebt haben, erfinden die Teilnehmer oft Dinge hinzu, die so gar nicht gewesen sind. Gemeinsam werden so schwierige Lebenssituationen zu wahren Heldentaten hochstilisiert. Gemeinsam glaubt man dann, dass die Ereignisse genau so waren, obwohl sie sich nachweislich so nicht abgespielt haben.

Vergessen ist eine Eigenschaft des Gehirns die etwas zur Seelenhygiene beiträgt. Wir erinnern uns nicht immer und immer wieder an Ereignisse. Das würde uns emotional zu sehr fesseln und uns bei der Bewältigung der Gegenwart bremsen. Das Gehirn scheint die Verbindungen zu diesen Ereignissen (Synapsen) auf inaktiv zu schalten. Mit dem entsprechenden Reiz gelingt es schnell diese Areale wieder zu reaktivieren, aber eben nicht zu 100%.  Einmal erlebtes können wir somit schnell wieder ins Gedächtnis rufen.

Leider können wir uns nicht immer auf unser Gedächtnis verlassen. Wir erfinden Dinge dazu und in gemeinsamen Gesprächen können wir suggestiv dazu gebracht werden, dass wir eine falsche Erinnerung haben.

Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen realen Dingen und den Dingen die wir uns nur einbilden. Die Abläufe im Gehirn sind identisch.

Mit diesem Wissen ist der Satz „Früher war alles besser“ gut zu verstehen. Früher war überhaupt nichts besser, wir erinnern uns nur nicht daran oder haben die schlimmen Dinge einfach vergessen. Auch dies ist ein Trick unseres Gehirns. Schlimme Dinge durch Vergessen erträglich zu machen.

Ich habe früher viele Inbetriebnahmen mitgemacht, die waren überhaupt nicht schön. Da saßen wir knietief im Morast. Heute erzählen wir davon als hätten wir den Krieg gewonnen. (Damals sah das ganz anders aus)
Also weg mit dem Satz „Früher war alles besser“ und hin zu

Dranbleiben – es gibt noch Hoffnung

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