#83 – Flughafen Berlin – Gruppen denken, was Gruppen denken wollen
Jetzt ist es raus. Der Flughafen Berlin wird wohl erst 2016 in Betrieb gehen.
Wir erinnern uns: Die Verantwortlichen wollten bereits am 3.Juni 2012 starten. Der Termin platzte. An diesem Flughafen wird bereits seit 2006 gebaut.
Der letzte große Flughafen München hatte 1985 Spatenstich und ging 1992 in Betrieb. Man kann einen Großflughafen also in 7 Jahren bauen. Oder: Man konnte das mal in einem Land, vor unserer Zeit…..
Jetzt baut man schon 8 Jahre am Berliner Flughafen und wird wohl alles in allem 10 Jahre benötigen. Was das ganze aber dilettantisch wirken lässt, sind die angesetzten Eröffnungstermine.
Mehrere Termine konnten bisher nicht eingehalten werden.Was ist aus Deutschland geworden? Können wir nicht mehr bauen? Wie können sich hochbezahlte Experten so irren? Sind die alle unfähig ?
Oder funktionieren Großprojekte nicht mehr?
Was hier passiert, kann man psychologisch ganz gut erklären. Es ist nämlich kein Einzelfall. Auch bei der Finanzkrise waren ja überwiegend hochbezahlte Experten involviert. Alle Experten bilden gemeinsam eine Gruppe. Der Informationsstand der Einzelnen Gruppenmitglieder ist unterschiedlich. Je nach Information des Einzelnen und der Gruppe geschieht folgendes:
Gruppen neigen dazu nicht die ganze Wahrheit wahrzunehmen. Je nach Hierarchie werden einige Meinungen unterdrückt. Die Gruppe spricht über Dinge, die allen bekannt sind und bezeichnet diese Themen als die Realität. Es ist aber nur die Wirklichkeit der Gruppe und nicht die Realität. Oft ist es noch nicht einmal die Wirklichkeit der anderen Menschen da draußen.
Winston Churchill installierte während des Zweiten Weltkrieges das Statistical Office. Dessen Aufgabe war es Churchill ohne Wertung die nackten Daten und Fakten des Krieges zur Verfügung zu stellen. Komprimiert auf eine Seite. Churchill wusste nämlich , dass die Menschen in seiner Umgebung dazu neigten die Dinge zu verharmlosen. (Überbringer von schlechten Nachrichten werden geköpft 🙂 )
Für eine objektive Entscheidungsfindung sind objektive Daten unerlässlich. Hier neigt die Gruppe falsche Daten wahrzunehmen und daraus die falschen Schlüsse zu ziehen. Eine Möglichkeit die Realität der Gruppe zu verbessern ist die Installation eines advokatus diaboli.
Hierbei handelt es sich um eine ausgewählte Person in der Gruppe, deren Aufgabe es ist, immer mit Gegenargumenten die Vorschläge der Gruppe zu torpedieren. Der Teufelsanwalt sucht immer Gründe für das Scheitern und schärft damit die Wahrnehmung der ganzen Gruppe.
Ein gutes Beispiel wie der advokatus diaboli funktioniert liefert der Film die Zwölf Geschworenen. Hier setzt ein einzelner Geschworener einen Prozess in Gang, der mit dem Freispruch endet. Die Mehrheit der Gruppe wollte den Angeklagten zunächst verurteilen.
Beim Flughafen Berlin und bei anderen Projekten fehlt dieser advokatus diaboli. Die Gruppe glaubt das der Flughafen fertig ist, weil die Gruppe dies glauben will. Keiner weiß was und die die etwas wissen sagen nichts, weil sie kleine Würstchen sind oder aufgegeben haben. Also wird ein Eröffnungstermin festgelegt der jeglichen Bezug zur objektiven Realität vermissen lässt. Gruppen können auch gefährlich sein. Projekte können daran scheitern.
Wir erinnern uns, bei der LKW-Maut kam es auch zu über einem Jahr Verzögerung. Niemand hat uns hier die Wahrheit gesagt. Die Wirklichkeit der Gruppe hatte auch hier nichts mit der Realität zu tun.
Dranbleiben – es gibt noch Hoffnung