intensiv

#129 – Industrie 4.0 ist (k)eine Lösung?

  • Einzelfertigung mit Losgröße 1 zum Preis einer Massenfertigung.
  • Werkstücke die mit Maschinen “reden”, Maschinen die autonom Aktionen planen und auch durchführen.
  • Datenanalysen die zu neuen revolutionären Erkenntnissen führen.
  • Kommunikation über alle Grenzen hinweg und Automaten die täglich dazu lernen.

Willkommen in der Welt von Industrie 4.0 !

Für mich als Automatisierungstechniker ist das toll, das fasziniert mich seit meiner Kindheit. (Auch) Deshalb bin ich Ingenieur geworden. Wir nähern uns dem Punkt, an dem kein menschliches Wesen mehr notwendig ist um das zu produzieren, was wir an Produkten benötigen. Wir stehen kurz vor dem Paradies oder?

Auf der Hannover Messe hat man uns gezeigt, das Mensch und Roboter zusammen arbeiten. Aber das war alles nur Show. Der Mensch hat sichtbar den Roboter gebremst. Lässt man dem Roboter freien Lauf, schlägt er den Menschen tot. Dreimal darfst du raten, wer im Team Mensch/Roboter die Idiotenarbeit macht.

Es gibt immer noch Arbeiten da eignen sich Hände besser als Greifarme.  Der Mensch bekommt genaue Anweisungen was er wann zu tun hat. Damit wird der Mensch, die Krone der Schöpfung, zu einem dezentralen Feldgerät am untersten Ende der Automatisierungspyramide.

Da kommt eine Technologie auf uns zu, die still und leise den Menschen endgültig überflüssig macht. Oder besser ausgedrückt wir werden von der Arbeit befreit.

Paradiesische Zustände deuten sich an, die Frage ist nur für wen?

Bisher gab es eine hierarchische Automatisierungspyramide, ganz oben war der Mensch. Jetzt kann jeder Automat, jede Maschine, unterschiedliche Rollen übernehmen. Die Zielsetzung entscheidet. Die Zielsetzung ist: Steigerung der Effizienz, Erhöhung der Produktivität, Steigerung des Gewinns.

Wenn die Regeln oder die Ziele etwas vorgeben, gibt es  keinen Menschen mehr, der blockiert. Es gibt keinen mehr!  Okay, vielleicht braucht man noch ein paar Ingenieure die das System am Laufen halten, aber zum produzieren brauchen wir keinen mehr.

Die Kosten sinken dann auf das absolute Minimum. Aber wenn da keiner mehr ist der für die Produktion der Produkte arbeitet, wer hat dann eigentlich noch Geld, um diese Produkte zu kaufen?

Es können nicht alle Ingenieure werden und die Maschinen warten, und wenn, wäre der Kostenvorteil wieder dahin.

Die Menschen die „freigesetzt“ werden, bekommen also keinen Lohn, kein Gehalt mehr.

Bei uns ist Einkommen direkt mit Arbeit gekoppelt. Entfällt die Arbeit entfällt das Einkommen!

Damit sind wir bei der Kernfrage von Automatisierungstechnik und Industrie 4.0 angekommen. Ungelöst wird diese Frage alle anderen Fragen unlösbar machen. Wir Automatisierungstechniker können diese Frage aber nicht beantworten. Nur die Gesellschaft kann diese Frage beantworten bzw. muss darauf eine Antwort finden.

Die aktueller Antwort aller Politiker gleich welcher Richtung lautet Wachstum. “Wachstum, Wachstum, Wachstum”. Wir müssen weiter wachsen, damit alle beschäftigt sind. Wachstum bedeutet Konsumieren. Wir müssen also immer mehr konsumieren, damit wir Wachstum haben, die Arbeitsplätze erhalten bleiben und wir damit das Einkommen erhalten um weiter zu konsumieren. Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz?

Es wird Zeit darauf eine Antwort zu finden denn das System kollabiert an allen Enden nicht nur in Griechenland.

Unsere Geschäfte sind voll von Produkten die in Hülle und Fülle verfügbar sind.

Wo soll dieses Wachstum herkommen? Als Automatisierungstechniker ist mir schon immer klar gewesen,dass es kein grenzenloses Wachstum gibt.

“Aber im Ausland gibt es doch Nachholbedarf und riesige Märkte. Wir sind Exportweltmeister und können unsere Produkte überall hin verkaufen”.

Selbst wenn das bei uns funktioniert. Die Automatisierung findet weltweit statt. Wäre dann die Lösung, das einfach alle Länder mehr verkaufen müssen als sie kaufen?

Das kann auch nicht funktionieren.

Bleibt alles beim Alten, dann werden die Menschen freigesetzt, der Gewinn bleibt bei den Eigentümern und man wird verzweifelt versuchen die Produkte irgendwo auf der Welt zu verkaufen. Dabei werden einige Länder und Völker auf der Strecke bleiben. Griechenland ist erst der Anfang.

Ich möchte hier nicht die Griechen verteidigen, aber alle Maßnahmen um die Krise zu bewältigen führen nicht zu ihrer Lösung. Vor allem ist man gerade dabei eine Attacke gegen die Demokratie zu führen. Öffentliches Eigentum privatisieren ist genau das, was die Neoliberalen immer gefordert haben. Den Staat entmachten, ihm jeglichen Besitz nehmen, damit er seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann.

Ich habe es vor einigen Wochen geschrieben 85 Menschen haben so viel Geld wie die 3,2 Mio ärmsten Menschen auf der Welt.

In Deutschland hat das reichste Zehntel der Bevölkerung fast 25% des gesamten Einkommens der Bevölkerung, das ärmste Zehntel gerade mal 4%

Das reichste Zehntel ist der einzige Teil der Bevölkerung der seit 1991 sein Einkommen prozentual gesteigert hat. Alle anderen 90% haben heute weniger vom Kuchen.

Es geht hier nicht um Neid es geht um die Funktion einer Volkswirtschaft. Wir haben immer mehr Einkommen in den Händen von immer weniger Menschen. Die Masse hat immer weniger aber die Masse ist der Markt.

Wenn Industrie 4.0 Realität wird, und ich bin schon in meiner Kindheit dafür gewesen, müssen wir in der Gesellschaft die Verteilungsfrage stellen.

Wachstum ist etwas für Menschen mit begrenzter Wahrnehmung und für Realitätsverweigerer.

Dranbleiben – es gibt noch Hoffnung

Zu empfehlen :

Sehr guter Vortrag zu den Ursachen der Finanzkrise : https://youtu.be/YWVE0uwJues

Zukunftsszenario Produktion Industrie 4.0 : https://youtu.be/y7PHEc0lq-M