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#143 – Wir sitzen alle in einem Boot?

Vor einigen Tagen bin ich von einer Kreuzfahrt zurück gekommen. Es war meine erste Kreuzfahrt und mir sind dabei einige Gedanken durch den Kopf gegangen.

Auf dem Schiff waren Menschen aller Nationen zusammen. Alle waren freundlich, nett und hilfsbereit. Engländer, Schotten, Spanier, Deutsche, Philipinos, Amerikaner usw.

Die ganze Welt friedlich zusammen. Keine Polizei und trotzdem alles friedlich.

Wie funktioniert das? Warum funktioniert das auf einem Schiff und warum nicht in der Politik.

Auf einem Kreuzfahrtschiff wollen alle dasselbe. Erholung, Spaß und Freude. Auf einem Kreuzfahrtschiff ist die Versorgung, das leibliche Wohlergehen und Gesundheit für alle gewährleistet. Es gibt zwischen den Nationen keinen Unterschied. Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Engländer besser behandelt wurden als die Deutschen. Alle Menschen sind sich nah, man läuft sich irgendwie immer wieder über den Weg und kennt bald alle Gesichter. Hier greift das Wechselwirkungsgesetz.

Bei den Landausflügen bildeten die Menschen unseres Schiffes eine gemeinsame Gruppe. Wir waren in der Fremde und kannten dort niemanden. Die Menschen vom Schiff waren in diesem Fall unsere Gruppe, meine Gruppe.

Ähnliches habe ich auch schon auf dem Jakobsweg erlebt. Da waren auch alle Nationen friedlich vereint und Menschen, denen man öfters begegnet ist, gehörten zu meiner Gruppe. Auch hier waren alle hilfsbereit und freundlich, auch hier hatten alle ein gemeinsames Ziel.

Ich habe schon mehrfach in meinen Blogs die Dunbar Zahl besprochen. Wir Menschen können nur mit 150 Menschen gleichzeitig befreundet sein, bzw. diese als Teil meiner Gruppe erkennen. Wie funktioniert das auf einem Schiff mit über 3000 Menschen?

Naja, alle Menschen haben das gleiche Ziel. Alle sind beseelt von den gleichen Werten. Alle Menschen erleben täglich Freundlichkeit und das Vorleben von Werten. Alle Menschen akzeptieren die gleichen Regeln.

Genau dies ist auch die Basis einer Staatlichen Gemeinschaft.

Ein Staat hat auch mehr wie 150 Menschen. Er kann nur funktionieren, wenn alle Menschen die selben Werte teilen und die selben Werte vorleben. Ein gemeinsames Ziel hilft auch bei der Staatenbildung. In einem Staat darf man niemanden zurücklassen. Jeder einzelne zählt und muss beachtet und auch versorgt werden. Und wer sich nicht an die Regeln hält, muss von Bord gehen.

In Staat und Gesellschaft werden aber heute viel zu selten Werte vorgelebt. Wir haben ein Wirtschaftssystem, welches davon ausgeht, dass schon alles zum Wohle der Gemeinschaft funktioniert, wenn nur jeder einzelne seinen Egoismus auslebt und nur an sich denkt. Ganze Gruppen bereichern sich auf Kosten der Allgemeinheit. Die Gewinne werden privatisiert und die Verluste sozialisiert.

Diese Einstellung, dieses Mindset führt zum Verlust der staatlichen Einheit, zum Verlust der Zusammengehörigkeit. Plötzlich sieht meine Gruppe dann ganz anders aus. An diesem Punkt sind wir heute angekommen. Die Europäische Union zerfällt, da es keine europäischen Demokraten mehr gibt, sondern nur noch Manager. Übrig bleiben die Nationalstaaten. Die haben diesen Kontinent schon einmal in die Katastrophe geführt.

Dranbleiben – es gibt noch Hoffnung.

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