#180 – Immer wenn das Glöcklein klingelt …
Warum Objektivität so schwierig ist !
1965 machte Ivan Petrowitch Pawlow einen interessanten Versuch mit Hunden. Es ging um die Frage wie unser Gehirn Konditionierung abspeichert. Konditionierung sind Verhaltensmuster in unserem Automatikregelkreis welche wir unbewusst und automatisch abrufen ohne darüber nachzudenken.
Konditionierung läuft immer automatisch ab
Die Fütterung eines Hundes hat Speichelfluss zur Folge, das Läuten einer Glocke nicht. (Oben)
Pawlows Versuchsreihe
Kombiniert man jetzt die Glocke mit der Fütterung so speichert das Gehirn beide Dinge gemeinsam ab. (Mitte)
Neuronale Netze entwickeln sich nach dem Grundsatz „what fires together wires together“ (Was zusammen feuert, verbindet sich und zwar durch eine stärkere Verbindung. )
Das Füttern der Hunde und die Glocke führen zu einer Verknüpfung beider Dinge. Trainiert man die Hunde eine Weile mit dieser Verknüpfung, dann kann man irgendwann auch nur die Glocke läuten und die Hunde haben Speichelfluss.
Eine Verknüpfung im Gehirn wirkt immer in beide Richtungen und die Aktivierung einer Synapse hat immer auch die Aktivierung der verknüpften Areale zur Folge.
Die Hunde wurden konditioniert und ab sofort reicht die Glocke schon aus für die Aktivierung des Speichelflusses. Immer wenn das Glöcklein klingelt …
Das dies auch bei uns Menschen funktioniert, kannst du leicht selbst nachvollziehen.
Beispiel: In einem wunderschönen Moment deines Lebens wurde ein Lied gespielt. Dein Gehirn verknüpft dieses Lied mit diesem Moment. Wann immer du dieses Lied hörst, aktiviert dein Gehirn ähnliche Gefühle wie damals und diese Erinnerung wird wieder aktiviert. Das Lied ist ein Anker für dieses Ereignis. Man muss nur diesen Anker anspielen und dein Gehirn hangelt sich daran in den entsprechenden Bereich. Du wurdest so konditioniert. Da das Gehirn nicht zwischen Realität und Traum unterscheiden kann, sind die Gefühle, die ein solcher Anker auslöst, real! Immer wenn das Glöcklein klingelt …
- Welche Bilder fallen dir bei dem Lied „Only Time“ von Enya ein?
- Wo warst du, als du dieses Lied gehört hast?
- Was hast du in diesem Moment gefühlt?
Am 11. September 2001 flogen Flugzeuge in die Twin Towers des World Trade Centers. Der New Yorker Steve Golding stellte eine Collage aus Zeitungsfotos und Originaltönen zusammen und veröffentlichte diese als Video im Internet. Die Animation verbreitet sich im Netz und CNN zeigt dieses Video.
Die Bilder des 11. Septembers und das Lied von Enya werden verknüpft. (Glocke und Fütterung) Wann immer dieses Lied gespielt wird, werden genau diese Bilder aufgerufen. Immer wenn das Glöcklein klingelt …
Ein anderes Beispiel ist der Song „Wind of Change“ von den Skorpions? Untrennbar verbunden mit der Maueröffnung in Berlin am 9. November 1989. Obwohl die Single erst im Februar 1991 erschien verbinden wir dieses Lied mit diesem Ereignis. Wir haben es so oft in diesem Zusammenhang gehört.
Wir haben eine Konditionierung auf diese Zusammenhänge. Das funktioniert sowohl mit positiven als auch negativen Ereignissen und Musik.
Die Werbung macht sich diese Gesetzmäßigkeit der Pawlowschen Hunde zu nutze. „Der Geschmack von Freiheit und Abenteuer“ oder „Mach mal Pause mit Coke“ .
Pawlowsche Hunde sind überall. Wir alle werden konditioniert oder sind bereits konditioniert worden. Die Ereignisse vom 11. September liefen unter dem Begriff #terror. Durch den Schock und die Bilder in Verbindung mit dem „Glöcklein“ #terror wurden wir wie die Hunde konditioniert.
#terror ist zu unserer Glocke geworden. Mit dem Läuten der Glocke #terror sind die Amerikaner in den Krieg gegen den Terror gezogen. Mit der Glocke #terror wurde der Angriffskrieg gegen den Irak begründet. (500.000 Tote nach US-Studie) Auch die Einsätze in Afghanistan und Syrien wurden mit der gleichen Glocke eingeläutet. Unter dem #terror werden Menschen aus der Entfernung getötet ohne Gerichtsurteil.
Immer wieder haben wir die Bilder vom 11. September und die Schrecken anderer Anschläge im Kopf. Das macht uns Angst und wir wollen das nicht. Angst reduziert unser objektives Urteilsvermögen. Wir hinterfragen nicht mehr. Wenn ich Abends die Nachrichten anschalte, dann fällt in jeder Sendung mindestens einmal das Wort #terror.
Als vor einigen Wochen in Heidelberg ein “Verückter“ auf den Bismarckplatz fuhr und einen Menschen tötete, kam auch sofort der #terror ins Spiel. “Zum Glück war es kein Terroranschlag” wurde anschließend vermeldet. Der Mann ist tot und es nützt ihm nichts, dass es nur ein „Verrückter“ war. Wir sind konditioniert. Schießt ein anderer Verrückter auf die Polizei ist auch sofort #terror im Spiel.
Diese Konditionierung hat dazu geführt, dass wir eine mathematisch kleine Bedrohung überbewerten. (Die Wahrscheinlichkeit an einer Erkältung zu sterben ist viel größer als an einem Terroranschlag)
Wir akzeptieren, dass Gesetze geändert werden und unsere Freiheiten eingeschränkt werden. Wenn die Glocke #terror erklingt, haben wir die Bilder von 9/11 im Kopf, haben Angst und wollen Sicherheit.
Wir denken nicht mehr objektiv über die Dinge nach. Man kann uns alles verkaufen, wenn die richtige Glocke läutet.
Diese Konditionierung funktioniert überall. Neben den Pawlowschen Hunden gibt es noch das Thema Priming in unserem Kopf. Unser Gehirn klingt praktisch nach. Haben wir vor wenigen Minuten etwas über Terror gehört, dann sind diese Gehirnbereiche noch aktiv. Wenn uns dann jemand erklärt, dass wir eine Gruppe bekämpfen müssen, dann handeln wir nicht mehr real sondern gefühlsbetont.
Da die unabhängige Presse munter voneinander abschreibt (Was am Abend bei ntv steht, steht am nächsten Tag in der RNZ – Wort für Wort inklusive Schreibfehler….) und die Quelle von 10 Zeitungen manchmal nur ein einsamer Märchenerzähler ist, führt diese Verstärkung dazu, dass wir das glauben. Da Nachrichten eine Ware wie Gummibärchen sind, hören wir bestimmte Nachrichten immer und immer wieder. Bis wir konditioniert sind und die Botschaften glauben.
Botschaften wie : Griechenland muss seine Schulden zurückzahlen! (Das kann die Bundesrepublik trotz Steuereinnahmen in Rekordhöhe nicht.)
Schon Joseph Goebbels wusste, dass man eine Botschaft nur immer und immer wieder wiederholen muss, dann glauben die Leute die Botschaft.
„Das ist das Geheimnis der Propaganda; den, den die Propaganda fassen will, ganz mit den Ideen der Propaganda zu durchtränken, ohne dass er überhaupt merkt, dass er durchtränkt wird.“
Nachrichten nennt man Nachrichten weil wir uns (da)nach richten sollen! Wenn ich etwas mit Vernunft entscheiden soll, brauche ich Informationen, ungefiltert, pro und contra.
In Anbetracht der Tatsache, dass Regierungsinformationen heute über Twitter kommen, 140 Zeichen die Welt beschreiben und alle bei bestimmten Worten in Panik und Hysterie verfallen, wird der Luxus einer eigenen Meinung immer wichtiger.
Hierzu müssen wir bestimmte Gesetzmäßigkeiten erkennen .
Wenn das Glöcklein klingelt … Gehirn einschalten und Fragen stellen …..
Dranbleiben – es gibt noch Hoffnung.